Was für Eigentümer bei einer Scheidung wichtig ist

Besitzt ein Scheidungspaar eine Immobilie, muss es viele Entscheidungen treffen. Familienanwältin Birthe Schmidt erklärt, welche Aspekte besonders wichtig sind.

Birthe Schmidt

Wer bleibt in der Immobilie?

Wer bleibt im gemeinsamen Eigenheim und wer zieht aus? Diese Frage zählt oft zu den ersten, die sich ein Ehepaar nach der Trennung stellt. Was viele nicht wissen: Zunächst spielt es keine Rolle, wem und zu welchen Anteilen das Haus oder die Wohnung gehört. „Auch wenn einer der Ehepartner alleiniger Eigentümer ist, bedeutet dies nicht, dass er bleiben darf“, erklärt Birgit Schmidt, Fachanwältin für Familien-, Erb- und Sozialrecht von der Kanzlei Wittenberg und Kollegen in Neuss. „Kann sich das Paar nicht einigen, wird häufig in einem Wohnungszuweisungsverfahren gerichtlich geklärt, wer bis zur rechtskräftigen Scheidung bleiben darf.“ Hat das Paar Kinder, fällt die Entscheidung meist auf deren engere Bezugsperson. Bei kinderlosen Paaren muss in der Regel der Partner ausziehen, der Schuld an der Trennung sowie der untragbaren Wohnsituation ist.

„Wer auszieht, kann von seinem Ex-Partner dann eine Nutzungsentschädigung in Höhe einer marktüblichen Miete für die Immobilie fordern“, so Birthe Schmidt. Auch bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts spielt der Wohnvorteil eine Rolle. Unterschieden wird dabei zwischen dem subjektiven Wohnvorteil während des Trennungsjahres und dem objektiven Wohnvorteil nach dem Trennungsjahr. Beim subjektiven Wohnvorteil geht es darum, wie viel der weiterhin in der Immobilie wohnende Partner für eine alternative Bleibe zahlen müsste. Der objektive Wohnvorteil beschreibt hingegen, wie viel Miete er tatsächlich für die ehemals gemeinsame Immobilie zahlen müsste. Die Eigentumsanteile sind auch hier nicht von Relevanz.

Was geschieht langfristig mit der Immobilie?

„Bei einer Scheidung müssen Ehepaare aber natürlich auch entscheiden, was langfristig mit der Immobilie geschehen soll“, sagt Birthe Schmidt. Zur Wahl stehen grundsätzlich fünf Optionen. Ein Partner übernimmt die Immobilie und zahlt den anderen aus, die Immobilie wird geteilt und beide Partner erhalten einen Anteil, die Immobilie wird verkauft und der Erlös geteilt, die Immobilie wird vermietet und der Erlös geteilt oder es kommt zur Teilungsversteigerung. „Die letzte Variante sollten Paare vermeiden“, betont Birthe Schmidt. „Sie bringt fast immer gravierende Nachteile für beide Parteien mit sich.“ Wenn ein Partner verkaufen wolle, der andere aber nicht, sei die Teilungsversteigerung aber manchmal die einzige Lösung. Denn ein Verkauf ist nur gemeinsam möglich. „Auch wenn ein Ehepartner 99,9 Prozent der Immobilie besitzt, kann er nicht über den Verkauf entscheiden“, weiß Anwältin Birthe Schmidt.

Von der Vermietung der gemeinsamen Immobilie rät Dr. Alfred Laufenberg, Geschäftsführer von Laufenberg Immobilien ab. „Die Eigentümer müssen immer alle Entscheidungen einvernehmlich treffen“, betont der Immobilienprofi. „Außerdem verlieren vermietete Immobilien deutlich an Wert und Mietverträge sind nur schwer kündbar.“ Wirtschaftlich sei der Verkauf die bessere Lösung.

Schwierig kann auch die einvernehmliche Teilung der Immobilie sein. Hierfür zwingend erforderlich sind eine Abgeschlossenheitsbescheinigung und eine notariell beurkundete Teilungserklärung. Die Kosten dafür richten sich nach dem Verkehrswert der Immobilie. „Lassen Sie sich im Vorfeld beraten“, empfiehlt Dr. Alfred Laufenberg. „Die Teilung der Immobilie muss gut durchdacht sein, damit beide Parteien langfristig zufrieden sind.“ Schnell komme es zu Fehlern, die die Nutzbarkeit von Haus oder Wohnung einschränken.

Unterhalt und Zugewinnausgleich

Grundsätzlich erlebt Birthe Schmidt in ihrem Berufsalltag immer wieder, dass die Eheleute die finanzielle Belastung durch die Trennung unterschätzen. „Allein der Wechsel aus Steuerklasse III in Steuerklasse I wirkt sich erheblich aus“, betont Birthe Schmidt. Hinzu kommen erhöhte Kosten für den Lebensunterhalt als Single und eventuell Unterhaltszahlungen. „Bei Kindesunterhalt liegt der Selbstbehalt bei 1.160 Euro, bei Ehegattenunterhalt bei 1.280 Euro“, verdeutlicht die Anwältin. „Bei den hohen Mieten in unserer Region ist das nicht viel.“ Ebenfalls bedacht werden sollten steigende Zinsen für den Immobilienkredit. „Wir beraten Scheidungspaare kostenfrei und unverbindlich in Sachen Verkauf“, erklärt Dr. Alfred Laufenberg. „Dazu gehört auch die Ermittlung des aktuellen Marktwerts.“

Der Wert der Immobilie ist auch bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs wichtig. Allerdings ist hierfür ein Verkehrswertgutachten erforderlich. „Auch wenn einer der Ehepartner die Immobilie bereits vor der Heirat besessen hat, fließt die Wertsteigerung aus der Zeit der Ehe in den Zugewinnausgleich ein“, so Birthe Schmidt. Gleiches gilt für die Abzahlung des Darlehens. Wurden beispielsweise während der Ehe 100.000 Euro eines Darlehens zurückgezahlt, wird auch diese Summe berücksichtigt. „Ich rate dringend zu einem Ehevertrag“, betont Birthe Schmidt. „Nur so kann der Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden.“ Ein Ehevertrag könne übrigens jederzeit nachträglich – sogar erst nach der Trennung – geschlossen werden.

Muss der Verkauf versteuert werden?

Entschließt sich ein getrenntes Paar zum Verkauf oder überträgt es die Immobilie vollständig auf einen der Ehepartner, muss es auch steuerliche Aspekte beachten. Besitzt es die Immobilie seit weniger als zehn Jahren oder wohnt es nicht zwei Jahre vor dem Verkauf und im Verkaufsjahr selbst darin, muss es Einkommenssteuer auf den Verkaufspreis zahlen. „Zieht ein Ehepartner also nach der Trennung aus und lässt sich beispielsweise ein Jahr später ausbezahlen, kommt er um die Einkommenssteuer nicht herum.“ Einzige Ausnahme: Ein Kind mit Anspruch auf Kindergeld, das die Immobilie allein bewohnt, gilt als Vertreter.

Kontakt:
Birthe Schmidt (Tel. 02131 9235-0)
Dr. Alfred Laufenberg (Tel. 02133 975 988-17)

 

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