Die Bodenrichtwerte in Neuss steigen – obwohl die Immobilienpreise sinken
Die Bodenrichtwerte in Neuss für Grundstücke mit ein- und zweigeschossiger Bebauung sind im vergangenen Jahr trotz sinkender Preise um rund 6 Prozent gestiegen. Dies geht aus aktuellen Zahlen hervor, die der Gutachterausschuss der Stadt Neuss vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. „Die aktuelle Marktentwicklung zeigen die Werte nicht“, betont Patrick Kuhlmann, Immobilienökonom und Leiter der Neusser Filiale von Laufenberg Immobilien. „Wenn auch nicht dramatisch, sind die Immobilienpreise seit dem Beginn des Ukrainekriegs doch spürbar gesunken.“ Dies gelte insbesondere für sanierungsbedürftige Gebäude mit schlechter Energieeffizienz.
Bodenrichtwerte in Neuss spiegeln Realität nur bedingt wider
Dass es überhaupt einen weiteren Anstieg gibt, hat aus Sicht von Patrick Kuhlmann verschiedene Gründe. „Das Jahr 2022 hat mit neuen Rekordpreisen begonnen, die natürlich noch in die neuen Bodenrichtwerte in Neuss eingeflossen sind“, so der Immobilienexperte. „Erst im Mai wurde bei Baufinanzierungen die Drei-Prozent-Marke geknackt.“ Zudem liegen die tatsächlich erzielten Preise für Grund und Boden in Neuss nach wie vor oftmals über den Bodenrichtwerten, wie die Erfahrungen des Teams von Laufenberg Immobilien zeigen.
„Aus unserer Sicht sind die Bodenrichtwerte trotz der Rekordanstiege um 15 und 19 Prozent in den beiden Vorjahren noch immer zu niedrig und spiegeln die Realität nur bedingt wider“, so Patrick Kuhlmann. „Den erneuten Anstieg können wir daher gut nachvollziehen und sehen ihn als notwendige Anpassung.“
Bodenrichtwerte in Neuss: Uedesheim erneut mit stärkstem Anstieg
Über das gesamte Stadtgebiet hinweg sind die Bodenrichtwerte in Neuss gleichmäßig gestiegen. Mit einem Plus von 8 Prozent setzt sich Uedesheim zwar wie im Vorjahr an die Tabellenspitze, doch der Unterschied zum Schlusslicht Holzheim fällt eher gering aus. Hier sind die Bodenrichtwerte um etwa 4 Prozent gestiegen.
Die mit 940 Euro pro Quadratmeter teuerste Bodenrichtwertzone findet sich Dreikönigenviertel und grenzt an den Stadtgarten an. Ähnlich hoch fällt der Wert mit 920 Euro ebenfalls im Dreikönigenviertel an der Obererft aus. „Nur ein weiterer Stadtteil hat die 900 Euro Marke geknackt“, erzählt Patrick Kuhlmann. „Wer in Uedesheim direkt am Rhein im Bereich von Rheinfährstraße und Allmende Eigentum besitzt, darf sich freuen.“
Bodenrichtwerte in Neuss: Bauerbahn ist Schlusslicht
Vergleichsweise niedrig fallen die Bodenrichtwerte in Neuss mit durchschnittlich 470 Euro pro Quadratmeter in der kleinen Ortschaft Bauerbahn an der Stadtgrenze zu Kaarst aus. Die Bodenrichtwertzone mit dem niedrigsten Wert liegt in der Holzheimer Ortschaft Gruissem im Bereich einer großen Gärtnerei an der Grenze zu Grevenbroich. Hier beträgt der Bodenrichtwert 360 Euro.
Geringster Preisrückgang bei Immobilien mit hoher Energieeffizienz
„In unserem Alltag als Immobilienmakler erleben wir seit Monaten, dass wir bei der Preisentwicklung klar zwischen den verschiedenen Immobilientypen unterscheiden müssen“, berichtet Patrick Kuhlmann. Bei hochwertigen Immobilien mit geringem Renovierungsbedarf und hoher Energieeffizienz stellt der Sachverständige für Immobilienbewertung den geringsten Preisrückgang fest.
Etwas anders entwickelt sich die Nachfrage im niedrigeren Preissegment. „Haushalte mit eher geringem Eigenkapital und Einkommen leiden besonders unter den gestiegenen Zinsen und Lebenshaltungskosten und müssen den Immobilienkauf hinten anstellen“, so Patrick Kuhlmann. Denn: Wer im Januar 2022 eine Immobilie für 400.000 Euro gekauft hat, über 20 Prozent Eigenkapital verfügte und eine Anfangstilgung von 2 Prozent vereinbarte, muss monatlich 859 Euro zurückzahlen. Wer im Januar 2023 eine entsprechende Finanzierung abgeschlossen hat, 1.595 Euro. Hinzu kommen die gestiegenen Preise für Baumaterialien.
Käufer denken um – Prognose fällt schwer
„Das Renovieren ist deutlich teurer geworden“, fasst Patrick Kuhlmann zusammen. „Wir beobachten deshalb ein Umdenken bei den Käufern.“ In den vergangenen Jahren hätten die neuen Eigentümer vor dem Einzug die komplette Immobilie modernisiert. Nun sei es wieder üblich, erstmal die altmodischen Fliesen im Bad zu akzeptieren und die Renovierung über teils mehrere Jahre zu strecken.
Für die kommenden Monate erwartet das Team von Laufenberg Immobilien zunächst weiterhin moderat sinkende Preise und eine anschließende Stabilisierung. „Finanzexperten gehen zwar von weiterhin steigenden Zinsen aus, aber nicht mehr von drastischen Sprüngen.“ Eine klare Prognose wagt Patrick Kuhlmann aber nicht. „Von der Pandemie bis zum Krieg in Europa haben die vergangenen Jahre unerwartete Überraschungen mit großen Auswirkungen auf den Immobilienmarkt bereitgehalten, die niemand vorhergesehen hat.“
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Foto: adobe.stock.com – Tobias Arhelger